Selbstmitgefühl - Akzeptanz und Wohlwollen für dich selbst
Erfahre Selbstmitgefühl als Qualität, die dich kraftvoller vorangehen lässt!
Was genau ist Selbstmitgefühl?
Selbstmitgefühl hat nichts mit dem Glauben, besser als andere zu sein, zu tun. Noch weniger einem Sich-gehen-lassen. Vielmehr lädt uns Selbstmitgefühl ein, in uns selbst ein Gefühl der Sicherheit zu finden und unseren eigenen Selbstwert zu erkennen – ganz losgelöst von Erfolgen oder Momenten des Scheiterns. Sehr einfach beschrieben, handelt es sich bei Selbstmitgefühl darum, sich selbst wie eine/n Freund/-in, eine geliebte Person zu behandeln.
In meiner Kindheit und Jugend waren oft Strenge und Disziplin die (scheinbar) einzig wahren Qualitäten, um Erfolg zu haben, weiter zu kommen, Ziele zu erreichen, Verbesserungen anzustreben. Wenn dann mal ein Misserfolg, ein Missgeschick passiert ist, schien es "richtig", mich dafür schlecht zu fühlen und "normal" mit Selbstzweifeln und Selbstvorwürfen umzugehen.
Im ersten Moment erscheint es vielleicht sogar logisch: Wenn
wir mit uns selbst hart ins Gericht gehen, uns unserer Fehler bewusst werden
und Strenge walten lassen, ist es doch viel wahrscheinlicher, dass wir
schneller und härter daran arbeiten, uns zu verbessern und an unser Ziel zu
kommen .
Zuviel Milde und Verständnis würden uns doch nur aufweichen, bequem werden
lassen und Mittelmäßigkeit fördern. Nur mit Stricktheit und Strenge wachsen wir
über uns hinaus und verlassen die Komfortzone. Stimmt doch, oder?
Mitgefühl stellt die Fähigkeit dar, die Empfindungen der anderen zu fühlen, zu verstehen, nachzuvollziehen und entsprechend darauf zu reagieren. Selbstmitgefühl bedeutet, dass wir genau das uns selbst gegenüber leben. Selbstmitgefühl beschreibt die Freundlichkeit, mit der wir uns selbst begegnen. In Momenten des Erfolgs und vor allem in jenen des Misserfolgs und der Enttäuschung.
Oft ertappen wir uns vielleicht dabei, uns selbst zu beurteilen, zu bewerten, zu kritisieren. Gerade in Momenten der Herausforderung und in denen Vieles schief gegangen ist. Wir betrachten uns selbst auf herablassende Weise, reagieren mit Strenge und verurteilen uns selbst.
Obwohl vielleicht gerade jetzt eine Umarmung, ein liebes, aufmunterndes Wort gut täten.
Mit Selbstmitgefühl werden wir uns selbst ein Freund / eine Freundin und versuchen, uns selbst mit Liebe, Verständnis und voller Unterstützung zu begegnen.
In diesem Zusammenhang macht es Sinn, Bewusstsein für die eigenen Glaubenssätze zu aufzubauen. Welche Grundgedanken prägen dein Tun? Was hast du aus deiner Vergangenheit mitgenommen?
Nimm dir Zeit, um für dich selbst zu entdecken, wie du mit deinen Erfolgen und Misserfolgen umgehst. Ob du Vorsätze hast, Ziele verfolgst und was passiert, wenn du diese mal nicht erreichst? Am besten schreibst du deine Wahrnehmungen auf. So holst du sie aus deinem Kopf, machst sie sichtbarer und schaffst Klarheit.
Warum Härte uns hemmt und blockiert, statt weiter zu bringen
Sich selbst zu kritisieren erscheint oft als Grundlage für Weiterentwicklung. Erwiesenermaßen steigt die Tendenz zur Selbstkritik, wenn wir uns bedroht fühlen. Zum Beispiel schauen wir in den Spiegel und sehen etwas, das wir nicht mögen, oder wir erkennen, in einer emotional schwierigen Situation zu sein. Wir fühlen uns davon bedroht und lösen durch die Wahrnehmung einer Bedrohung, die automatische Stressreaktion aus: Angreifen und kämpfen oder flüchten. Dabei aktiviert sich das Sympathische Nervensystem. Innerhalb kürzester Zeit stellt sich unser gesamter Organismus auf einen Kampf oder eine Flucht ein. Wir schauen in den Spiegel, sehen etwas an uns, das wir nicht wollen und fühlen uns dadurch bedroht: es besteht die Gefahr, von anderen abgelehnt zu werden, Anerkennung zu verlieren. Mit der biologischen Stressreaktion, die im Falle einer solchen Wahrnehmung abläuft, zeigt sich in uns der Impuls anzugreifen, uns zu verteidigen, um wieder in Sicherheit zu geraten. Nachdem das "Problem" / die "Bedrohung" dabei von uns selbst ausgeht, führt das schlussendlich zu einem Angriff gegen uns selbst. Die Kritik an uns selbst, die Strenge scheinen gerechtfertigt, weil wir uns so vor der "Bedrohung" verteidigen. Dabei handelt es sich nicht um einen rationalen Prozess. Wir meinen, eine harsche Selbstkritik, kann uns wieder in Sicherheit führen: Wir machen uns bewusst zu wissen, was "richtig" und was "falsch" ist und schaukeln uns dadurch vor, die Kontrolle über die Geschehnisse zu haben. "Ich kann mich selbst so verbessern, verändern, dass die Gefahr gebannt ist (ich keine Ablehnung erfahre)." Das lässt uns womöglich meinen, dass Selbstkritik eine ehrliche und effektive Reaktion darstellt, um ein sicheres und entspanntes Leben zu führen.
Allerding passiert dabei meistens das Gegenteil und wir verschlimmern sogar die Situation.
Mach dir kurz bewusst, ob du all die Strenge und Kritik gegen dich selbst auch gegenüber deiner Freunde/-innen verspürst? Meistens nicht, oder? Denn wir fühlen uns auch weniger bedroht durch einen Fehler oder einen Misserfolg einer anderen Person.
Auch kannst du vielleicht beobachten, dass der Grad an
Strenge und Kritik zunimmt, je näher uns eine Person steht?. Weil dabei die
Bedrohung eines möglichen Schadens sich auch annähert.
Je größer wir die Bedrohung einer Situation einschätzen – aufgrund eines
Fehlers, Misserfolgs etc. – desto wahrscheinlicher werden wir mit Kritik
antworten, um das Problem zu beheben.
Nehmen wir eine Bedrohung wahr, läuft eine Stressreaktion ab, die es uns schwer macht, klar und strukturiert zu denken und mit unserem Verstand zu agieren, statt automatisch aus tiefliegenden Hirnstrukturen gesteuert zu reagieren. Nachdem die heutigen Bedrohungen und Herausforderungen meistens nicht durch Kampf oder Flucht bewältigt werden können, behindert uns eine Stressreaktion manchmal im Finden einer Lösung, im Erfahren von Sicherheit. Wir fühlen uns festgefahren in der Bedrohung. Die Selbstkritik scheint irgendwie rational und logisch und doch blockiert sie uns. Wir sind gestresst, wir vergeuden Energie für einen Kampf den wir nicht führen können und sind einer biologischen Reaktion ausgeliefert, die uns oft noch mehr verzweifeln lässt (Schwitzen, Herzklopfen, Wutanfälle..).
Selbstkritik als Stressverstärker
Die biologische Stressreaktion, die im Falle des Gefühls einer Bedrohung ausgeht, gehört zu einem der ältesten und wichtigsten genetischen Programme unserer Spezies. Gleichzeitig verfügen wir auch über ein weiteres System, in dem sich das Konzept des Selbstmitgefühls findet: Als Säugetiere kommen wir pflegebedürftig zur Welt und haben eine lange Entwicklungsphase vor uns, bevor wir auf eigenen Beinen stehen können. Dabei lernen wir, uns an unsere Umwelt anzupassen – eine Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Überleben. Pflege und Nähe durch unsere Eltern geben uns dabei Sicherheit und schenken uns Schutz, um die Entwicklungsschritte machen zu können. Wir als Spezies tragen den Instinkt in uns, zu schützen und zu pflegen, uns um unsere Lieben zu kümmern, in einem Maß, das Sicherheit und Geborgenheit vermittelt.
Wenn wir uns in den Spiegel schauen und statt Kritik Wohlwollen walten lassen und uns mit Selbstmitgefühl begegnen und uns gut zureden: "Es ist ok, ich liebe dich trotzdem. Ich nehme dich bedingungslos an!" – oder so ähnlich, erzeugen wir ein anderes Gefühl der Sicherheit! Sicherheit kann entstehen, weil wir ein Gefühl der Verbundenheit aufbauen – Verbundenheit mit uns selbst. Dadurch setzen wir Hormone wie Oxytocin frei – ein Hormon, das ein Wohlgefühl erzeugt.
Die Sicherheitsantwort ist eine, die viel effektiver wirkt, um weiterzugehen. Statt einer Alarmsituation im Falle einer wahrgenommenen Bedrohung ausgeliefert zu sein, auszuflippen und blind zu reagieren, wird es leichter, bewusst zu antworten. Allerdings lässt sich das Sicherheitssystem nicht so automatisiert wachrufen, wie die Stressreaktion. Wir benötigen mehr Anstrengung, um auf freundliche Art und Weise zu antworten, statt mit Selbstkritik. Dennoch handelt es sich bei Selbstmitgefühl um eine natürliche Fähigkeit und eine uns innewohnende Antwortmöglichkeit. Und die gute Nachricht dabei lautet: Selbstmitgefühl lässt sich lernen!
Selbstmitgefühl als unglaubliche Quelle an Kraft
"Wenn ich mich so akzeptiere, wie ich bin, kann ich mich ändern." Carl Rogers
Selbstmitgefühl verleiht uns Kraft und Zuversicht, gibt uns Mut und lässt uns von der Anspannung und dem Ärger hin in einen Zustand der Sicherheit wechseln, wo ein Weitergehen möglich wird. Statt abzulehnen, was an Gefühlen entsteht und die Fehler als Bedrohung und Versagen zu sehen, fokussieren wir auf die innere Stärke, damit umzugehen. Mit Freundlichkeit und Liebe, wird es leichter, wieder aufzustehen.
Probiere es für dich aus und erfahre, wie du Tag für Tag lernen kannst, dir selbst freundlich und wohlwollend zu begegnen und von der Härte und Strenge abzukommen. Du wirst nicht bequemer oder faul werden, Ziele schleifen lassen oder dich mit dem Mittelmaß zufrieden geben. Du wirst vielmehr erfahren, wie du mit mehr Bewusstsein und Erkenntnis aus den Erfahrungen lernst und gleichzeitig, statt im Leid der Enttäuschung festzustecken, den Mut finden, um es noch einmal zu versuchen und deinen Bedürfnissen und Wünschen Raum geben.
Was tun, wenn die Selbstkritik das Kommando übernimmt?
Wie Selbstmitgefühl leben?
So kannst du in fünf konkreten Schritten Selbstmitgefühl einladen:
- Achtsamkeit als Basis:
Mit Achtsamkeit kommen wir gegenwärtig im Moment an und können, wertfrei und offen, neugierig betrachten, was sich in uns zeigt. Wenn du bemerkst, dass sich in dir aufgrund eines Ereignisses eine Kaskade an Vorwürfen, Zurechtweisungen, strengen und kritischen Kommentaren zeigt, mach dir bewusst, dass du gegenwärtig bist. Das Bemerken zeigt dir, dass dich die Gedanken nicht mitgerissen haben und genau hier kannst du ansetzen. Am besten nutzt du die Kraft deines Atems und lässt fünf bewusste Atemzüge durch die Nase ein und wieder aus strömen.
Mach dir bewusst, dass Imperfektion und Fehler Teil des menschlichen Wesens sind. Versuche, die Gefühle, die aufgrund einer Situation in dir entstehen, zu betrachten: Enttäuschung, Schmerz, Versagensängste, Schuldgefühle etc. sind da UND du kannst diese Empfindungen zulassen und wertfrei und offen anzuerkennen. Die menschliche Tendenz lässt in solchen Momenten instinktiv den Wunsch entstehen, diese Gefühle zu vermeiden. Wir ärgern uns darüber oder fühlen uns ihnen ausgeliefert und versuchen, sie irgendwie auszublenden oder schämen uns dafür. - Mitmenschen wachrufen:
Mach dir nun bewusst, was du in derselben Situation deiner/m besten Freund/-in sagen würdest, wenn es/sie dir davon erzählte: von einem Vorhaben, das nicht geklappt hat, einem Fehler, der begangen wurde oder dass schon wieder nicht das gewünschte Ziel erreicht werden konnte? Würdest du mit derselben Kritik deinem Partner / deiner Partnerin, deinem Kind begegnen? Welche Worte würden dir Mut machen, dir Sicherheit verleihen? Stelle dir gerne das Gesicht deiner Freundin, deines Freundes vor und spiele die Situation kurz in Gedanken durch? Würdest du ihm/ihr auf ähnlich strenge, verletzende, demotivierende Weise begegnen, wie es vielleicht deine Gedanken der Selbstkritik tun? - Zugehen auf dich selbst:
Wende dich dann nochmals bewusst diesen inneren Worten und Bewertungen zu und stell dir selbst die Frage, ob sie dir in der gegenwärtigen Situation helfen? - Perspektive verändern:
Versuche, das Ereignis aus einer anderen Perspektive zu betrachten: Was kannst du daraus und aus deinem Handeln und deinen Fehlern lernen? Wie daran wachsen und dich dadurch weiterentwickeln? - Erkennen, was hilft:
Baue Klarheit auf dafür, was dir jetzt gut tut, was du brauchst, um neuen Mut zu fassen, aufzustehen und weiterzugehen: Ein verbales und mentales Auf-dich-einschlagen oder eine liebevolle Umarmung und das Vermitteln von Zuversicht?
Schmerz zuzulassen, Enttäuschung anzuerkennen, mit Ärger umzugehen kann ganz schön schwer sein. Die Selbstverurteilung lässt jedoch Gefühle der Verzweiflung und der Enttäuschung noch größer werden. Wenn wir uns aufgrund eines Fehlers selbst verurteilen und im Modus der Selbstkritik verweilen, wird aus dem Schmerz der Enttäuschung Leid, das weiterwirkt. Wir verharren in einem Zustand der Enttäuschung und vergeuden wertvolle Energie.
Achtsam werden, Mitgefühl kultivieren
Hier stelle ich dir eine einfache und konkrete Meditationstechnik zur Verfügung, mit der du Selbstmitgefühl erfahren und üben kannst. Nimm dir an einem ruhigen Ort 30 Minuten Zeit. Du brauchst keinerlei Vorkenntnisse und kannst direkt starten. Ich wünsche dir eine gute Praxis und das Entdecken der unglaublichen Kraft des Selbstmitgefühls.
Wie Yoga dich zum Selbstmitgefühl führt
Die Yoga Praxis bietet dir einen Weg, um Achtsamkeit für deine Gedanken und deine Gefühle zu finden. Auf der Matte lernst du, gegenwärtig, offen, neugierig und wertfrei dir selbst zu begegnen und kannst zum Beobachter / zur Beobachterin werden, statt dich von deinen Gedanken und Gefühlen davon tragen zu lassen.
Yoga lässt dich außerdem eine Perspektive der Dankbarkeit
und des Wohlwollens einnehmen: Du erfährst auf so konkrete Weise, was dir dein
eigener Körper ermöglicht, tauchst in die Kraft deines Atems ein und kannst
dich aufladen mit neuer Lebenskraft. Du kommst im gegenwärtigen Augenblick an
und kannst dich von Gedankenmustern und Bewertungsschemata lösen.
Selbstmitgefühl beschränkt sich nämlich nicht nur auf ein wohlwollendes Vergeben nach Fehlern und Misserfolgen: Selbstmitgefühl schließt auch mit ein, sich seiner Bedürfnisse bewusst zu sein, dem eigenen Körper Ruhe und Entspannung zu gönnen, wenn er sich danach sehnt und die eigenen Grenzen anzuerkennen. Genau das kannst du bei der Yoga Praxis auf zu konkrete Weise erleben und ausprobieren.
Erfahre, wie Yoga dich mit mehr Selbstmitgefühl zu einem stärkeren Menschen macht und wie du dir selbst dadurch auf neue, motivierende, wohlwollende Weise begegnen kannst.